10. Juli 2019

Interwiew von Jesko Calderara mit Kurt Sonderegger
in der Appenzeller Zeitung, 8. Juni 2019

Kurt Sonderegger ist neuer Präsident des Handwerker- und Gewerbevereins Heiden. Er erklärt, warum die Verlegung der Postautos zum Bahnhof Sinn macht. Weitere Themen sind die geplante Tiefgarage und die Ladenöffnungszeiten. An der Spitze des Handwerker- und Gewerbevereins Heiden kommt es zu einem Wechsel. Nach 15 Jahren im Amt hat Rolf Breu das Präsidium an Kurt Sonderegger übergeben. Der 48-Jährige führt zusammen mit seiner Frau in fünfter Generation die gleichnamige Weinhandlung. Im Interview erklärt Sonderegger, warum er beim Thema Parkplätze Handlungsbedarf sieht und welche Anliegen das Gewerbe bei der Zentrumsentwicklung einbringen möchte.

Ihre Frau leitete bis vor kurzem die Detaillistenvereinigung, Sie sind neu Präsident des Handwerker- und Gewerbevereins Heiden (HUGH). Warum engagiert sich die Familie Sonderegger so stark für das Gewerbe?
Kurt Sonderegger: Immer mehr Inhaber von Gewerbebetrieben haben ihren Lebensmittelpunkt nicht mehr in der Gemeinde. Im Vorstand des HUGH sollten sich meiner Ansicht nach vor allem Leute einbringen, die hier wohnen und mit den Gegebenheiten vor Ort vertraut sind. Weil es abgesehen davon meine familiäre Situation zulässt, habe ich mich zur Verfügung gestellt.

Wo wollen Sie als Präsident den Hebel ansetzen?
Wir haben Mitglieder von KMU wie der Varioprint bis hin zu kleinen Läden. Lange Zeit wurden die Detaillisten eher stiefmütterlich behandelt. Mein Ziel ist es, diese stärker an die Handwerker heranzuführen und so das gegenseitige Verständnis zu fördern. Auch der Kontakt zur Gemeinde ist mir ein Anliegen. Möglichst viele Gewerbevertreter sollten zudem in Kommission mitarbeiten.

Ist die Heidler Politik gewerbefreundlich?
Gemeindepräsident Gallus Pfister hat stets ein offenes Ohr für unsere Sorgen und Nöte. Dies trifft auch auf Gemeinderat Jörg Lutz zu, den ich aus der Kommission Infrastruktur kenne. Wir erarbeiten zurzeit ein Parkierungsreglement. Dieses sieht eine Bewirtschaftung der Parkplätze vor, wo dies bereits heute gemacht wird. Zudem könnte über Mittag in der blauen Zone anderthalb Stunden ohne Parkscheibe geparkt werden. Das geht in die richtige Richtung.

Gerade das Thema Parkieren sorgt bei Gewerblern regelmässig für rote Köpfe. Stehen in Heiden genügend Parkplätze zur Verfügung?
Auch wenn Fachleute das Gegenteil behaupten: Aus unserer Sicht fehlen Parkplätze. Mit jenen beim Coop, die auch öffentlich genutzt werden können, hat es aber eine gewisse Entlastung gegeben. Weil im Zentrum freie Flächen fehlen, befürworten wird den Bau der geplanten Tiefgarage. Ich könnte mir hier auch eine Kooperation mit privaten Investoren vorstellen.

Herisau führt auf Initiative des Gewerbevereins eine halbe Stunde Gratisparkieren ein. Wäre das eine denkbare Lösung?
Das war bei uns noch nie ein Thema.
In Heiden läuft zurzeit der Prozess zur Zentrums-entwicklung. Wo sehen Sie Handlungsbedarf? Mehrere Mitglieder des HUGH haben sich an den Echoräumen eingebracht. Nebst der erwähnten Parkplatzthematik mit Tiefgarage sehe ich rund um den Kursaal Potenzial. Dort würde sich eine Aufwertung lohnen.

Der Gemeinderat will die Busumsteigeanlage vom Kirchplatz zum Bahnhof verschieben. Befürworten Sie diesen Schritt?
Das ist eine schwierige Geschichte. Ich könnte mir eine Verlegung der Postautos aber grundsätzlich vorstellen. Rein optisch würde der Kirchplatz dadurch gewinnen.

Es gibt Befürchtungen, dass dadurch das Zentrum ausstirbt.
Solche Sorgen habe ich grundsätzlich immer. Die Durchfahrt von Postautos bringt aber noch kein Leben ins Zentrum. Abgesehen davon hat sich das Verhalten verändert. Ältere Menschen gehen heute mit dem Auto einkaufen, kaum mehr mit dem ÖV.

In Heiden hat, überspitzt formuliert, jedes Geschäft zu anderen Zeiten geöffnet. Warum ist das so?
In der Tat müssen wir dies an die Hand nehmen. Bei den Öffnungszeiten wurde in der Vergangenheit zu wenig gemacht. Allerdings ist der Einfluss des HUGH in diesem Punkt beschränkt. Wir können nur an die Gewerbler appellieren und sie zur besseren Zusammenarbeit auffordern.

Die Stadt St. Gallen leidet unter einem Lädelisterben. Existiert dieses Phänomen auch in Heiden?
Zum Glück nicht. Es hat aber ein Strukturwandel stattgefunden. Früher gab es mehrere Metzgereien und Lebensmittelgeschäfte, heute dafür Praxen und andere Läden. Hauptsache die Gebäude im Zentrum werden genutzt.

Wie stark leiden die Detaillisten unter Einkaufstourismus und Onlinehandel?
Heiden liegt zu weit von der Grenze entfernt, daher trifft uns der Einkaufstourismus weniger. Wie es beim Online-Shopping aussieht, kann ich nicht beurteilen. Möglicherweise ist das in einigen Branchen ein Thema. Da hilft nur, beim Konsumenten mit Freundlichkeit zu punkten.

Das allein reicht aber kaum aus, damit die Kunden vor Ort einkaufen.
Nein. Es braucht heute sicher grössere Anstrengungen als noch vor 20 Jahren. Man muss der Kundschaft ein Einkaufserlebnis bieten. Wir haben deshalb den Laden ausgebaut, was sich ausgezahlt hat.

Dem Handwerker- und Gewerbeverein Heiden gehören zahlreiche Gewerbebetriebe an. Einige von ihnen würde gerne ausbauen, finden in der Gemeinde aber kein Bauland, ist zu hören. Die Howigra beispielsweise ist bereits nach Oberegg gezogen.
In der Tat gibt es in der Gemeinde kein Gewerbebauland mehr oder die Firmen halten es als Reserve. Dort, wo die Howigra war, entsteht nach meinem Wissen Wohnraum. Der Gemeinderat sollte im Rahmen der Raumplanung zu dieser Thematik Überlegungen anstellen.